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Gleisbaumaschinen: Fossilfrei in die Zukunft ​

​ Alternative Antriebssysteme finden im Transportsektor immer mehr an Zuspruch. Ein wichtiger Treiber dafür sind ökologische Aspekte. Die von der TU Graz in Zusammenarbeit mit Plasser & Theurer durchgeführte FFF-Studie (Fossil Free Future for Track Work Machinery) untersucht die Möglichkeit, die direkten Emissionen bei Gleisbau- und instandhaltungsarbeiten auf null zu reduzieren. ​

Aktuell werden Gleisbaumaschinen überwiegend mit Dieselmotoren angetrieben. Dem Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der TU Graz zufolge werden durch die Gleisinstandhaltungsarbeiten der ÖBB jährlich 9.600 t CO2e produziert (Treibstoffverbrauch, Maschinen- und Materialtransport und Produktion). Dies zeigt das immense Potential, das die Umstellung auf alternative Antriebssysteme für die Reduktion von Treibhausgasemissionen von Gleisbaumaschinen birgt. Es ist auch anzunehmen, dass Gleisbaumaschinen zukünftig strengeren Vorschriften unterliegen werden. Ziel der FFF-Studie ist es, unterschiedliche Lösungen, die in der Verkehrsbranche entwickelt werden, zu analysieren und ihre Anwendbarkeit für den Bahnsektor und Gleisbaumaschinen zu beurteilen. Die Analyse berücksichtigt marktspezifische Aspekte sowie Risikofaktoren. Basierend auf den Ergebnissen der Marktanalyse und eines Berechnungsprogramms werden spezifische Empfehlungen zu alternativen Lösungen für unterschiedliche Gleisbaumaschinen gegeben.

Die Marktanalyse erfasst die Technologietrends unterschiedlicher alternativer Antriebssysteme für verschiedene Verkehrsträger. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Bahn- und Bausektor. Rahmenbedingungen wie Vorschriften und zu erwartende politische Förderungen werden evaluiert. Als Teil des Projekts entwickelte die TU Graz das Berechnungsprogramm CalCAS (Calculation of Comparison for Alternative Solutions), welches auf Daten unterschiedlicher Gleisbaumaschinen basiert.

Dipl.-Ing. Dr.techn. Matthias Landgraf
TU Graz



Dipl.-Ing. BSc Martina Zeiner
TU Graz

Industrieübergreifende Analyse: Eingehende Untersuchung des Bahn- und Bausektors

Faktoren wie die aktuell verfügbare Technologie, mangelnde Infrastruktur, fehlende Regelungen oder Förderungen sowie höhere Kosten aufgrund von Skalierbarkeit schränken die Marktakzeptanz alternativer Antriebssysteme ein. Der Straßenverkehrssektor, insbesondere der Automobilsektor, ist in Bezug auf alternative Antriebssysteme im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern am weitesten fortgeschritten. Obwohl im Bahn- und Bausektor konkrete Zielsetzungen fehlen und die Nachfrage noch gering ist, ist bei Stakeholdern das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Verringerung von Umweltauswirkungen vorhanden. Mit dem technologischen Fortschritt wird die Nachfrage nach alternativen Antriebssystemen in beiden Sektoren steigen.

Alternative Antriebssysteme für Gleisbaumaschinen sind bis dato noch weitgehend unerforscht. Die Marktanalyse zeigt, dass die im Bausektor eingesetzten technologischen Konzepte auch für Antriebstechnologien für Gleisbaumaschinen anwendbar sein könnten. Im Hinblick auf die primäre Energiequelle werden Gleisbaumaschinen stark von Markttrends im Bahnsektor beeinflusst, da die Implementierung alternativer Lösungen von der Energieversorgungsinfrastruktur abhängt (z. B. Aufladen von Batterien oder Auftanken von Wasserstofftanks).

Im Vergleich zum Bahnsektor ist die reine Batterietechnologie im Bausektor weitaus verbreiteter und beschränkt auf elektrische Baumaschinen, Handgeräte oder kleinere Maschinen. Hingegen befindet sich die Brennstoffzellentechnologie noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium (ausgenommen Gabelstapler). Es gibt wenige Gleisbaumaschinenmodelle mit alternativen Antriebssystemen (sechs Hersteller konnten identifiziert werden). Bei Gleisbaumaschinen kommen eher Hybridlösungen (hauptsächlich Diesel-Batterie) anstatt Stand-alone-Lösungen zum Einsatz. Dies entspricht dem im gesamten Bahnsektor sichtbaren Trend. Rein batteriebetriebene Maschinen, wie kleinere (leichtere), z. B. Handstopfer, bilden eine Ausnahme.

Ein maschinenspezifisches Berechnungsprogramm für szenariobasierte Kennzahlen

Die CalCAS-Ergebnisse zeigen, dass On-Board-Batterietechnologien die bevorzugte Lösung für Gleisbaumaschinen mit einem Bedarf unter 300 kWh sind. Hingegen ist die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie für Maschinen mit einem Bedarf von über 800 kWh geeignet. Für Maschinen mit einem Energiebedarf dazwischen ist aus Gewichtsgründen entweder eine Weiterentwicklung in der Batterietechnologie notwendig oder die Brennstoffzellentechnologie vorzuziehen. Trotz der Vorteile alternativer Antriebssysteme (z. B. Reduktion der Treibhausgasemissionen und der Lärmbelastung, höhere Effizienz) bedeutet ein alternatives Antriebssystem nicht automatisch den Verzicht auf fossile Brennstoffe oder Emissionsfreiheit. Das Potential alternativer Flüssigbrennstoffe ist eingeschränkt (großer Primärenergiebedarf, widersprüchliche Daten zu Emissionen, Bedenken bezüglich synthetisch hergestellter Treibstoffe etc.). Batterie- und Wasserstoffanwendungen sind vom Strommix sowie vom Produktionsprozess und der Lebensdauer ihrer Komponenten abhängig. Dennoch wird ihnen großes Potential für die Verringerung von Umweltauswirkungen zugeschrieben.

Die Erkenntnisse der FFF-Studie helfen Plasser & Theurer dabei, alternative Antriebstechnologien für Gleisbaumaschinen zu bewerten und damit verbundene Chancen und Risiken abzuwägen. Die gewonnenen Informationen bieten die Möglichkeit zukünftige Marktentwicklungen, besonders im Bahn- und Bausektor, besser einzuschätzen. Zudem ermöglicht das Berechnungsprogramm grundlegende Anforderungen für einzelne Maschinentypen hinsichtlich alternativer Antriebssysteme zu evaluieren und diese in strategische Unternehmensentscheidungen zu integrieren.

Mitarbeit:
Dipl.-Ing. Bernhard Antony

Leiter Technologiezentrum Purkersdorf, Plasser & Theurer

Dipl.-Ing. MSc Víctor Barrena Cárdenas
Plasser & Theurer

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