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Gastkommentar

Absolute Gleismessung

Zu den Aufgaben des Streckenpersonals im italienischen Eisenbahnnetz (RFI, Rete Ferroviaria Italiana) gehört die Überprüfung der absoluten Gleislage. Dadurch wird sichergestellt, dass die geometrische Qualität der Strecke der zunehmenden Geschwindigkeit entspricht. Die RFI hat in den letzten Jahren neue Kontrolltechniken eingeführt, um diese Maßnahme immer einfacher und schneller zu gestalten.

Gastkommentar
Dipl.-Ing. Paola Conti, Bereichsleitung Instandhaltung, Infrastruktur Zivilbau

Traditionell wurden für die Festpunktvermarkung seitlich in der Bettung befestigte Schienenstücke genutzt, wobei ihre Entfernung zum Gleis und der Abstand zueinander in den RFI-Vorschriften festgelegt ist. Diese Referenzpunkte können sich mit der Zeit verschieben, unter anderem durch Instandhaltungsarbeiten wie die Bettungsreinigung.

Mit der Einführung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Italien, der sogenannten AV/AC (Alta Velocità/Alta Capacità steht für Hochgeschwindigkeit und Hochleistung), hat sich die RFI dafür entschieden, bereits während der Bauphase die Gleise relativ zu georeferenzierten Fixpunkten zu positionieren. Das eingesetzte Absolut-Basis-System (AB) besteht aus Fixpunkten (Bolzen), die an den Oberleitungsmasten und an den Tunnelwänden installiert sind. Ihre Abstände zur Gleisachse der Bahnstrecke sind bekannt und durch topografische Koordinaten (x, y, z) definiert. Das System ermöglicht zum einen die Überwachung der Gleislage in Bezug auf die Ursprungsposition, d. h. wie sich die Gleise seit Baubeginn verändert bzw. entwickelt haben, zum anderen unterstützt es die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten mit Gleisstopfmaschinen. Vorteile dieser Vorgehensweise: Die Verschlechterung der Gleisgeometrie wird stark minimiert, der Fahrkomfort ist deutlich verbessert, die Kosten und Häufigkeit von Instandhaltungsarbeiten reduzieren sich.

Die in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen aus dem Gleislagemanagement mit Absolutvermessung auf den AV/AC-Strecken bestätigten die RFI darin, diese Kontrollmethode auf alle elektrifizierten Strecken auszudehnen. Daher wurde seit 2014 ein schrittweiser Verzicht auf das traditionelle System angeordnet, der die AB-Ausrüstung der Strecken im Rahmen der Gleiserneuerungsarbeiten vorsieht, die bis 2025 rund 12.000 km Gleis umfassen werden.

Bei der schnellen Verbreitung des AB-Systems ist es für RFI von grundlegender Bedeutung, sich mit Systemen auszustatten, mit denen die Vermessung der absoluten Gleisgeometrie immer schneller und einfacher durchzuführen ist.

Als Kontrollwerkzeuge werden heute topografische Handmesswägen, selbstfahrende Messfahrzeuge (Messfahrzeug EM-SAT 100) oder intelligente Stopfmaschinen eingesetzt. Damit ist das qualifizierte Personal der RFI in der Lage, die Position des Gleises relativ zu den Fixpunkten durch den Vergleich der Konstruktionsdaten mit der Ist-Position des Gleises hochgenau zu messen, bei einer auf zwei bis drei km/h begrenzten Produktivität.

Zur Überwindung dieser Einschränkung hat RFI in den letzten Jahren eine Zusammenarbeit mit Plasser & Theurer begonnen, um eine neue Methode zur absoluten Messung der Gleislage zu untersuchen. Ziel ist es, die Vermessung mit einer Geschwindigkeit von mindestens 60 km/h unter Verwendung des bei einigen Stopfmaschinen installierten Inertialmesssystems durchzuführen.

Mit diesem „Werkzeug der neuesten Generation“ lässt sich mit beliebiger Geschwindigkeit der geometrische Verlauf des Gleises ermitteln – so wird die Stopfmaschine zu einem Diagnosewerkzeug für die relative Gleisgeometrie. Um diese Messung absolut zu machen, wurde an Bord einer ersten Stopfmaschine in Bologna ein System entwickelt, das die Abstände des Gleises an den Fixpunkten während des Betriebs der Maschine erfassen kann. Mit den zur Ausstattung gehörenden Stereokameras ist es möglich, die an den Fixpunkten permanent installierten Plaketten hochgenau zu vermessen. Diese Lösung vereinfacht die absolute Vermessung des Gleises und bringt eine deutliche Produktivitätssteigerung, die im Hinblick auf den Ausbau der Absolut-Basis im Schienennetz von grundlegender Bedeutung ist.


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