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GASTKOMMENTAR

Die DRS Alliance

Ein offenes System, um gemeinsam die Zukunft der Bahn zu gestalten

GASTKOMMENTAR

Luc Vansteenkiste,
Consultant, Luanconsult

Asset Management im Bahnbereich ist ein Prozess, der traditionellerweise manuell und oft auf „handwerkliche Weise“ durchgeführt wird.

Bis vor einem Jahrzehnt wurde dies auch noch nicht als Prozess angesehen, der einen Mehrwert für das Bahnnetz schaffen könnte, sei es durch die Steigerung der Zuverlässigkeit des Netzwerks oder durch die Verlängerung der Einsatzzeiten.

2011 wurde ich gebeten, bei INFRABEL (belgisches Unternehmen für Dienstleistungen im Bereich Bahntransport) die Verantwortung für die globale Infrastrukturabteilung zu übernehmen. Es war offensichtlich, dass wir digitale Verfahren einführen müssen, die das Unternehmen und in weiterer Folge die gesamte Branche weiterbringen können. Es wurde ein Budget für die Instandhaltung des Netzwerks mit digitalen Technologien zur Verfügung gestellt. Dies half uns dabei, Kosten zu senken sowie auch die Assets des Bahnnetzwerks sicherer, zuverlässiger und verfügbarer zu machen.

Dabei führte Infrabel neben dem Digital Asset Management mit Hilfe von ERP-Anwendungen (Enterprise Resource Planning) Folgendes ein:

  • Tablets, digitale Prozesse und Checklisten für die Instandhaltung, wodurch der Bedarf an manueller Instandhaltung um mehr als 25 % sinkt
  • Assets mit integrierter Intelligenz (typischerweise Signal-Assets oder andere Assets, die PLC-Technologie oder intelligente Sensoren extensiv nutzen)
  • Dumb Assets (oftmals Linear Assets) in Gleismesseinrichtungen, Sensoren und Drohnen, die von Messzügen überwacht werden müssen

Das Projekt erwies sich als sehr erfolgreich. Folgendes wurde erzielt:

  • Reduktion der Instandhaltungskosten um mehr als 15 %, wobei keine menschliche Intervention mehr nötig ist
  • Erhöhte Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit
  • Verbessertes Management der Lebenszykluskosten der Assets durch optimierte Instandhaltung und höhere Qualität der Echtzeitdaten des Assets, somit zeitgerechter Austausch des Assets
  • Gesteigerte Netzwerkkapazität, da weniger Zugtrassen aufgrund von Instandhaltungsarbeiten belegt sind (Inspektion, präventive und korrektive Instandhaltung)

Schließlich erfolgte der Übergang zu prädiktiver Instandhaltung und Smart Asset Management.

Ausblick

Die DRS Alliance (Digital Railway Solutions Alliance) ist eine Initiative, die völlig mit der Vision und dem Ziel im Einklang ist, das ich verfolge, seit ich 2011 Director of General Asset Management bei Infrabel wurde.

Die Zukunft der Mobilität wird stark auf die Bahn und die bestehende Bahninfrastruktur angewiesen sein. Die Europäische Kommission (EU-Kommission) hat sich dafür ausgesprochen, den Güterverkehr bis 2050 zu verdoppeln und den Hochgeschwindigkeits-Bahnverkehr zu verdreifachen. Durch die Umsetzung dieser Strategie wird die EU-Kommission eine nachhaltige Wende zugunsten emissionsfreier Mobilität vollziehen, während das Bahntransportsystem effizienter und belastbarer gemacht wird.

Die Digitialisierung des Bahnsektors und die Innovation in dieser Branche sollen uns den Weg zu mehr Sicherheit und verbesserter Kapazität mit effizienterer Nutzung der bestehenden Infrastruktur ebnen. Immer mehr Zulieferer entwickeln und liefern digitale Produkte und Dienstleistungen. Dies birgt die einzigartige Herausforderung, diese Angebote einheitlich zu gestalten.

DRS Alliance

Die DRS Alliance ist ein Bündnis mit dem Ziel, die Entwicklung von übergreifenden End-to-End (E2E)-Lösungen zu fördern und zu koordinieren. Die Bahnindustrie braucht solche Lösungen, um diese Ziele durch die Optimierung der Kapazität der bestehenden Infrastruktur mit Hilfe von prädiktiver Instandhaltung, Robotisierung und erhöhter Sicherheit zu erreichen. Der Ansatz der DRS Alliance ist wichtig, da keine Organisation heute im Alleingang Lösungen liefern kann, die es der Bahnindustrie ermöglichen, diese Ziele zu erreichen. Die DRS Alliance ist ein System, das Expertise aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammenbringt, die benötigt werden, um die E2E-Dienstleistungen bereitzustellen. Zudem wird sie die erforderliche Interkonnektivität der Lösungen gewährleisten, eine gemeinsame Vision vorantreiben und die Bahnindustrie in diesem Wandlungsprozess durch digitale Lösungen unterstützen. Der Übergang in ein offenes System für alle bereits vorhandenen und zukünftigen Akteure wird aktiv zur Zukunft der digitalisierten Bahnsysteme beitragen und allen Partnern ermöglichen, zukunftsfähige Lösungen für den globalen Bahnsektor zu entwickeln.


Der globale Bahnsektor entwickelt sich rasch, um seine Rolle als nachhaltige Mobilitätslösung der Zukunft zu erfüllen. Zurzeit werden viele Initiativen geschaffen, die alle von großen Digitalisierungsprogrammen unterstützt werden. Die Einführung des European Train Control System (ETCS) und der Automatic Train Operation (ATO) wird die Sicherheit und Effizienz des Bahntransports noch zusätzlich steigern. Aktuell läuft das europäische Timetable Redesign Project (TTR) unter der Leitung von RailNetEurope (RNE). Ziel ist es, den Prozess der Kapazitätsvergabe stärker an den Markt anzupassen, wobei weniger Kapazitäten durch nicht genutzte Zugtrassen verloren gehen. Die geschätzten Projektkosten von 700 Millionen Euro werden dem Sektor großen Mehrwert bringen. Voraussichtlich werden durch das TTR-Projekt 4 % an Kapazität gewonnen. Dies wird 16 Milliarden Euro einsparen, die sonst in neue physische Kapazitäten investiert würden.

Die Herausforderung für die DRS Alliance ist es, einen ähnlichen Business Case zu präsentieren und sicherzustellen, dass zumindest weitere 4 % an Kapazität gewonnen werden können. Dies soll geschehen, indem Kapazitätsverluste aufgrund von Messungen, Instandhaltungsmaßnahmen oder Fehlfunktionen der Infrastruktur, die zu Ausfällen führen, verhindert werden.

Das Endziel der Digitalisierung soll es sein, dem globalen Bahnsektor durch die gesteigerte Verfügbarkeit und Sicherheit der Infrastruktur einen greifbaren und messbaren Mehrwert zu liefern.

Die DRS Alliance ist eine Initiative, die völlig mit der Vision und dem Ziel, das ich verfolge, seit ich 2011 Director of General Asset Management bei Infrabel wurde, im Einklang ist. Ich bin überzeugt, dass die DRS Alliance der richtige Weg ist, diese Ziele zu erreichen und dazu beizutragen, dass die Bahn ihre essenzielle Rolle als Mobilitätslösung der Zukunft erfüllen kann.

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