Das System Bahn zeichnet sich dadurch aus, dass sich die beiden Komponenten Fahrzeug und Fahrweg in einem zentralen Punkt (eigentlich einer Fläche) berühren – im Rad-Schiene-Kontakt. Darüber erfolgt die gesamte Interaktion (Übertragung von Kräften) zwischen Fahrzeug und Fahrweg. Um zu verstehen, wie Schienen die maximale Lebensdauer erreichen, lohnt es sich, den Lebenszyklus der Komponente Schiene zu analysieren.
Bezogen auf den Fahrweg, beginnt der Lebenszyklus einer Schiene mit dem Einbau im Gleis. Mittlerweile gibt es verschiedene optimierte Schienengüten, die je nach Einsatzbedingungen die Lebensdauer signifikant erhöhen können. Entsprechend kann schon vor dem Einbau mit der Wahl der richtigen Schienengüte der Grundstein für die maximale Lebensdauer gelegt werden. Um Schienen im Gleis einzubauen, müssen sie zunächst zur Baustelle transportiert, abgeladen und installiert werden. Als Teil der Installation ist die Fügetechnologie (z. B. Abbrennstumpfschweißen) von großer Wichtigkeit. Die Schienenverbindung soll nicht vorzeitig versagen, sondern muss dieselbe Lebensdauer (und Eigenschaften) wie die Schienen aufweisen. Sind diese im Gleis installiert, ist zeitnah eine Bearbeitung der Neulagen durchzuführen. Dabei werden (hauptsächlich mittels Schleifen) die randentkohlte Schicht (auch Walzhaut genannt – ein Effekt aus der Schienenherstellung) entfernt, diverse oberflächliche Verletzungen (vom Transport und Einbau) beseitigt und bei Bedarf auch das Schienenprofil angepasst. Somit wird ein idealer und fehlerfreier Schienenzustand „zum Start“ hergestellt.
Schienenzustandserfassung anhand umfassender Daten
Mit der ersten Zugüberfahrt beginnt der eigentliche Lebenszyklus. Abhängig von den Belastungen kommt es nach einiger Zeit zu Schienenschädigung in Form von plastischer Verformung, Verschleiß, Rollkontaktermüdung (z. B. Risse) und thermischer Schädigung. Ebenso können Ermüdungsdefekte im Inneren der Schiene auftreten. Diese Schädigung verkürzt die Schienenlebensdauer und erfordert entsprechende Optimierung. Bevor geeignete Maßnahmen ergriffen werden können, muss der Zustand der Schienen in regelmäßigen Abständen erfasst werden. Dies beinhaltet Messung des Quer- und Längsprofils, Detektierung von Oberflächenzuständen (Risse, flächige Effekte, Walzzeichen) mittels Videoanalyse, Tiefenbestimmung von Oberflächenschäden (z. B. mittels magnetischer Streuflussprüfung oder Wirbelstrom) und Erfassung von möglichen Innenfehlern mittels Ultraschallprüfung. Zusätzlich sollten auch Fahrweg- und Fahrzeugdaten aus anderen Quellen (z. B. Gleisbaumaschinen, allgemeine Fahzeugdaten, GIS-Daten etc.) berücksichtigt und verknüpft werden. Dabei ist die intelligente Auswertung und benutzergerechte Darstellung der Daten besonders wichtig, denn nur dann ist es möglich, entsprechende Maßnahmen zur Maximierung des Schienenlebens abzuleiten (Datenmanagement).
Maßnahmen zur Optimierung des Schienen-Lebenszyklus
Die obige Abbildung stellt die möglichen Maßnahmen zur Systemoptimierung dar. Angepasste Schienen- und Radprofile reduzieren die Spannungen im Rad-Schiene-Kontakt, eine optimale Gleislage reduziert die dynamischen Kräfte, die auf Schienen wirken, und Friction Management (Flankenschmierung, Laufflächenkonditionierung und Schienenreinigung) vermindert Verschleiß und Rissbildung. Alle diese Maßnahmen zielen auf Verzögerung der Schienenschädigung ab. Die einzige Maßnahme, die bestehende Schädigung nicht nur verzögert, sondern auch entfernt, ist die Schienenbearbeitung. Aufgrund des demografischen Wandels verfügen die Eisenbahnbetreiber oft nicht (mehr) über ausreichende Ressourcen, um eine Systemoptimierung selbst durchzuführen, weshalb auf spezialisierte Dienstleister zurückgegriffen werden muss.
Messen – Planen – Instandhalten – Messen
Die eigentliche Schienenbearbeitung wird mittels Schleif- oder Frästechnologie durchgeführt. Schienenschleifen eignet sich besonders für präventive bis mittlere korrektive Strategien, Schienenfräsen kann seine Vorteile bei korrektiven oder regenerativen Strategien ausspielen. Darüber hinaus gibt es auch Technologien mit oszillierenden Schleifsteinen oder Rutschersteinen, die primär für präventive Strategien in urbanen Bereichen eingesetzt werden. Ebenso kommt teilweise Umfangsschleifen mit aktiv oder passiv angetriebenen Schleifsteinen zur präventiven Anwendung. Nach der durchgeführten Schienenbearbeitung kommt die oben genannte Messtechnik (maschinenintegriert oder als Handsystem) zur Qualitätsprüfung zum Einsatz. Diese Messungen dienen ebenso als Startpunkt für die Planung zukünftiger Instandhaltungsmaßnahmen. In weiterer Folge werden die Schritte Messen – Planen – Instandhalten – Messen in kontinuierlicher Abfolge durchgeführt (Optimierungskreislauf). Auf Basis dieser umfassenden Analysen wird auch regelmäßig ein System-Audit durchgeführt, um diverse Veränderungen frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf Maßnahmen und Strategien zu adaptieren. Wenn das Verschleißlimit (oder Schädigungslimit) der Schienen erreicht ist, werden sie ausgebaut und recycelt. Mit diesem letzten Schritt endet ihr Lebenszyklus.
Schienenlösungen von Ende zu Ende gedacht
Plasser & Theurer bietet gemeinsam mit Partnerfirmen eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen, die nahezu den gesamten Lebenszyklus der Schiene abdecken (siehe Abbildung oben).
Ende 2023 wurde eine übergreifende Initiative ins Leben gerufen, die sich mit der Thematik „Schiene“ genauer befasst. Ziel ist es, die gegenwärtigen und zukünftigen Potenziale in dieser Gruppe aufzuzeigen (abgeschlossen), gruppenübergreifende Kooperation zu fördern (in Arbeit) und zukünftig auch Aktivitäten zu koordinieren.
Aufgrund des umfangreichen Gruppen-Portfolios und des beträchtlichen Marktpotenzials wird die Ende-zu-Ende-Betrachtung des Schienenlebenszyklus in Zukunft verstärkt im Fokus stehen. Ziel auch hier einmal mehr: höhere Kapazität an Zügen sowie reduzierte Instandhaltungskosten.