aktuell 133

Eine logistische Meisterleistung für eine neue Hochleistungsstrecke

In Frankreich wurde am 1. Juli 2017 ein Großprojekt fertiggestellt, das Mensch und Maschine alles abverlangt hat. Die „Ligne à Grande Vitesse Bretagne – Pays de la Loire“, ist eine 214 km lange Strecke, die seit 2. Juli vom französischen TGV mit Reisegeschwindigkeiten von 320 km/h bis 350 km/h befahren wird.

Hier die Weltmetropole, das hektische Treiben um Eiffelturm und Champs-Élysées. Dort ein Städtchen mit Fachwerkhäusern, gelegen in der malerischen Bretagne. Paris und Rennes trennen „Welten“. Auf der Landkarte sind es bloß ein paar Hundert Kilometer: über 340 und knapp vier Stunden im Auto. Bedeutend schneller legt man die Distanz mit dem Zug zurück. Noch vor kurzem dauerte es zwei Stunden und vier Minuten – mit der neuen Verbindung nur noch eine Stunde und 26 Minuten.

Der Grund: ein gigantisches Projekt namens „Ligne à Grande Vitesse Bretagne – Pays de la Loire“, kurz LGV BPL. Sie verbindet Rennes mit Connerré, östlich von Le Mans, und komplettiert die TGV-Verbindung nach Paris. Der Bau der 214 km langen Strecke kostete 3,4 Milliarden Euro. Seit 2. Juli 2017 rasen auf ihr die französischen Hochgeschwindigkeitszüge. Bis zur Inbetriebnahme war es jedoch ein hartes Stück Arbeit.

Die ersten Überlegungen gab es vor 25 Jahren. Nach langwieriger Streckenfestlegung und der Bestimmung eines GPS-Grundlagennetzes wurde 2011 der Eiffage-Konzern mit dem Auftrag bedacht. Es folgte eine Testphase im September 2014. Vermessungs-, Schotter-, Gleis-, Stopfarbeiten wurden koordiniert, um reibungslose Abläufe und stetigen Baufortschritt zu gewährleisten. Mit dabei: österreichische Maßarbeit.

Österreichische Präzision in Frankreich

Schienen und Schwellen wurden mit dem SMD 80 von Plasser & Theurer verlegt. Patrick Walke, Projektleiter Vermessung für das Ingenieurbüro Herzbruch, war beeindruckt von dem kontinuierlich arbeitenden, über 600 m langen Arbeitszug: „Während der Kopf des Zuges, das Raupenfahrwerk, auf dem Grundschotter fährt, bewegt sich die nachfolgende Einbaueinheit, die Schwellen- sowie die Materialwagen für Kleinteile und Langschienen, bereits auf dem neu verlegten Gleis.“ So können mit der Maschine 1.500 m Gleis pro Tag verlegt werden – zu Spitzenzeiten sogar 2.300 m.

Die Ablagetoleranz für die Betonschwellen betrug 10 mm – eine imposante Präzision für einen tonnenschweren Zug, der mit sechs Waggons Schienen und bis zu 20 Schwellenwaggons unterwegs war.

Im Rahmen des Arbeitsumfanges kamen sieben Nivellier-, Hebe, Richt- und Stopfmaschinen – einige davon mit zusätzlich integriertem Stabilisationsaggregat – zum Einsatz, darunter die Duomatic 09-32 CSM sowie der 109-4X Dynamic Stopfexpress und der 109-3X Dynamic Stopfexpress. Sie absolvierten mindestens je fünf Stopf- und drei Stabilisierungsgänge. Wie der Verlegezug SMD 80 werden sie in Linz produziert, garantieren Nachhaltigkeit und Sicherheit.

Beachtlicher Logistikaufwand

Zur Herkulesaufgabe bei all diesen Arbeiten wurde die Entfernung – und der unterschiedliche Zustand der Strecke. Patrick Walke erklärt: „Es war eine logistische Herausforderung.“ Im Vorfeld errichtete man eigens dafür vorgesehene Eisenbahnbrücken und zwei „Bases Travaux“ für die Materialanlieferung.

Die Baucamps waren bis zu 60 ha groß, das entspricht 130 Fußballplätzen. Sie dienten als Abstellplatz für Maschinen und Ladezone für Schwellen, Schienen und Schotter. Entlang der Trasse fanden sich zudem 36 Schotterlager. Trotz vorbereitender Maßnahmen blieb der Personalaufwand beachtlich.

„Mitte September 2015, als der SMD 80 im Bereich von Streckenkilometer 175 bis 180 kurz vor Rennes war, wurden die für die Schienen- und Schwellenanlieferung eingesetzten Züge mit drei Arbeitszyklen besetzt“, erzählt Patrick Walke. Sofort nach der Verlegung der Gleise durch den SMD 80 konnten bereits die Züge für die Materialanlieferung das neue Gleis befahren.

Seit Ende 2016 finden auf der „Ligne à Grande Vitesse Bretagne – Pays de la Loire“ Testfahrten statt. Im Januar 2017 erreichte ein Zug dabei die maximale Geschwindigkeit von 352 km/h. Er bringt die Reisenden in einer Stunde und 26 Minuten (Zeitersparnis: 37 Minuten) von Paris nach Rennes. Zwei Städte, die eigentlich „Welten“ trennen.

ei-magazin.jpg#asset:3213:navImage

Auszug aus Artikeln „LGV BPL: La voie c‘est moi“ Teil 1 und Teil 2 aus dem Magazin „Der Eisenbahn Ingenieur“ mit Fokus Eisenbahnvermessung, Ausgaben Januar und Februar 2017


Einwilligung für Aktuell App
Information zur Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten